Wenn man jeden Tag quasi dasselbe tut, wird es irgendwann schwer, die Abläufe so zu dokumentieren, als ginge ständig eine neue Luzie ab. Wo kommt das überhaupt her: „Geht ab wie Luzie?“ Das kommt doch sicher nicht vom „Schrecken der Straße“, oder? Falls doch, wäre hier zumindest ein kleiner rhetorischer Bogen geschlagen, denn noch sind wir auf der Straße, und zwar der Richtung Schweinfurt. Die Sonne scheint, der Bauch drängt, darum fährt Bernd uns noch einmal an einen Rasthof, bevor wir schlussendlich am Stattbahnhof ankern. Frische Mische und Tobi sind ebenfalls schon wach, und während letzterer wieder Businessdinge zu erledigen hat, joggen wir anderen drei los. Allerdings verlieren wir Pensen unterwegs, der sich für eine andere Laufstrecke entscheidet, ich kenne ja seine nicht, aber unsere führt äußerst malerisch zunächst am Main entlang und dann noch malerischer über Mainberg und Co durch Wälder und Weiden an grüßenden Schäfchen durchs Höllental zurück. Mit Sicherheit bislang die schönste Route auf der Tour.
Im Club treffen wir Podo, der unser Licht machen wird und einen der freundlichsten Hunde der Welt dabei hat, und Clubchef Steffen, der uns bereits ein opulentes Frühstück gezaubert hat, und überdies auch eine prima Buchhandlungsempfehlung für mich hat.
Nach Tee und Hummusbrötchen lege ich mich nochmal kurz hin, dann laden wir den Bus aus und haben im Anschluss noch eine kleine Bandbesprechung, die sich glücklicherweise nicht zu einer großen Bandbesprechung ausweitet. So bleibt Zeit für einen Spaziergang zur Buchhandlung „Kolibri“, die noch nicht zu diesen gottlosen Ketten gehört, die Buchläden zu Souvenirshops degradiert. Ich werde dermaßen fündig, dass mir das Geld ausgeht, aber das ist heute mal egal.
Den Rest des Tages verbringe ich lesend, liegend und lethargisch, wegen der Alliteration.
Zum Soundcheck treffe ich auch Mark, der ab heute für uns den Sound macht, und der inzwischen ja nun auch schon fest in unsere Bandfamilie gewachsen ist. Wo einer geht, kommt dafür ein anderer, und alle hat man gern, darum ist das immer gleichermaßen traurig wie aber auch schön.
Wir beginnen unser Konzert heute pünktlich vor einer stattlichen Zahl begeisterungsbereiter Menschen, und ziemlich schnell sind alle Sorgen bzgl. Dienstag, Müdigkeit oder Wasauchimmer weggefegt, kleinste technische Probleme hat Mark rasch im Griff und Podo am Licht zaubert sogar spontanes Blaulicht für unsere Feuerwehrleute.
Der Abend macht sehr großen Spaß, die Leute sind aufmerksam, lachen herzlich, schalten aber auch an den leiseren Stellen konzentriert um, es herrscht eine wirkliche Ausgewogenheit zwischen Party und Besinnlichkeit. Wir haben eine Menge Spaß, reden etwas mehr als gestern, aber nicht zu ausufernd, wir verlieren den Faden nicht und spielen unsere Stücke straff energiegeladen. Diese Energie summiert sich mit der des Publikums und verstärkt sich gegenseitig, es ist ein wirklich freudvoller Trip voller schöner kleiner Momente, die Lieder wirken heute wie crowdsurfende Seifenblasen, die vom Publikum möglichst sanft nach hinten weitergereicht werden.
Die Zeit rast dabei, und es scheint mir, wir wären erst gerade auf die Bühne gestiegen, da müssen wir uns schon wieder verabschiedend verbeugen, während uns stehend ovatiert wird. Ein toller Dienstag.
Aber eben auch Dienstag, darum wird anschließend weder lange gefeiert, noch gefackelt, sondern wir laden den Bus, und verabschieden uns von Steffen, in der Hoffnung, dass es bald ein Wiedersehen gibt. Der Club ist toll, er wird nicht gefördert, sondern lebt vom großteils ehrenamtlichen Engagement der Menschen hier, die alle unglaublich freundlich waren. Der Stattbahnhof zeigt überdies Flagge für die demokratischen Werte und gegen Rassismus, und das ist leider zur Zeit auch gar nicht mehr so mainstreamig, wie es dringend wieder werden sollte. Er ist ein gallisches Dorf mit besserer Musik und muss darum supportet und unterstützt werden, sind solche Läden erst weg, dann spürt man deren Fehlen schmerzhaft. Dankbar für den schönen Abend verlassen wir nun nach einer kurzen Verzögerung den sicheren Hafen und sitzen noch ein bisschen in der Buslounge zusammen, Fred macht den DJ und Labörnski schmiert mir eine Leverwurstsemmel, aber restvernünftig, wie wir derzeit alle monstern, fällt auch heute der Exzess aus und wir verschwinden nach und nach in unseren Kojen, im guten Wissen darum, dass Bernd über uns wacht und sicher durch die Nacht befördert.
Ich weiß, die Reiseberichte ähneln sich wie gesagt alle sehr, aber manchmal ist Redundanz ja auch was Schönes. Und für die haarsträubende Abwechslung sind ja die Bücher da. Ich kann beides nur empfehlen.