21. November 2025
von: Totte

Seit zwei Stunden gucke ich zur vollen Stunde auf mein Handy und entscheide, dass die Welt noch nicht bereit für mich ist. Dann ists neun Uhr und ich stelle mich dem Tagwerk. In der Lounge sitzen bereits Tobi und Claudio und tun wichtige Businesssachen, um in dieser Atmo nicht zu sehr aufzufallen, schreibe ich rasch den gestrigen Bericht fertig, bevor ich zu Börnski in den Backstage eile, um mit ihm einen Kaffee zu trinken und dann Berlin zu erlaufen. Die neue Jogginghose stünde mir sicher sehr gut, wäre ich Zwei Meter zehn in alle Richtungen. So ähnele ich eher einem HipHop-Rentner, der die Neunziger nie verlassen hat. Aber immerhin fühlt es sich schön luftig an, während wir mehrmals um den Weissensee traben, bevor wir die Strecke zugunsten aufregenderer Gefilde verlassen. Eine gute Stunde schaffen wir heute, was wir durchaus in Ordnung finden, wenn auch nicht rekordverdächtig.

Hernach teilt sich der Tag in Schlaf, Busladen und Bandbesprechung ein, das große Meeting eint uns alle: Die Zeiten sind wild, wir aber voller Pläne. Gut.

Das freundliche Landstreicher-Booking-Team um Leonie und Luca hat uns herzlich becatert und gar mit Blumenstrauß empfangen, Berliner Romantik pur Kosmos der Monsters. Währenddessen werfen Kids Böller nach Tobi, der gerade am Bus Merchandise sortiert. Auch Berliner Romantik pur. Ein Knallbonbonleben zwischen Love und Adventure.

Burger war schwimmen und erlebte sein eigenes Berlinbürokratieabenteuer, als er an der Badkasse einen Zehner für die Umkleidespinde wechseln will. Kassierer: „Ham wa nich, da hätten sie sich halt besser vorbereiten müssen.“ Auch eine Art, die Dinge zu handlen. Dass er kurz darauf von Burger, als der beim Verlassen des Bads wegen Zeitüberziehung einen Euro nachzahlen soll, das angewandte Echo „Hab ich nich, da hätten sie mich halt besser vorbereiten müssen.“ zu hören bekommt, nimmt er aber sehr sportlich und Burger darf trotzdem das Bad verlassen.

Ich bin weiterhin in etwas gesetzter Stimmung, die Gräue und Dunkelheit der Tage macht mir erstaunlich zu schaffen, aber ich baue darauf, dass sich das auch noch weggroovt.

Wir haben nun 17:15 Uhr, gleich wird der Sound gecheckt und ich greife mir jetzt das erste Buch, um endlich mal den Kopf aus dem gottverdammten Internet zu ziehen. Wahrscheinlich werde ich ein Selfie davon posten. Der Bigotte Totte.

Berlin, hier haben wir schon wirklich oft gespielt, und es ist jedesmal schön. Auch heute finden sich viele toller BerlinerInnen hier ein und füllen das Haus. Ein Traum. Wir werden stürmisch empfangen und spielen ein sehr knackiges erstes Set. Sebastian vom Peter Edel-Haus macht das Licht und kniet sich voll rein. Tolle Effekte, Strahler und Farbenspektren tauchen uns in eine Rocknrollwelt. Der kleine Nachteil für uns daran ist, dass wir über weite Strecken des Konzerts das Publikum gar nicht sehen können. Unser Fehler, wir hätten das vorher kommunizieren sollen. Mir fällt es nun leider schwer, mit dem Publikum zu connecten, und ich eiere etwas unbeholfen durch meine Ansagen und Songs. Doch Berlin ist nicht nachtragend und feiert euphorisch mit, hört aber auch erstaunlich konzentriert zu. Tolle Mischung.

Ich weiß nicht genau, wie das zweite Set heute einzuschätzen ist, ich habe das Gefühl, wir sind eine Spur zu zerfahren, hoffe aber, das versendet sich auf dem Weg zur Audienz. Der Pogo ist jedenfalls enorm und überhaupt, der Mitmachpegel bei den einzelnen Liedern schraubt sich beträchtlich in die Höhe. Publikum: Perfekt. Monsters: in Ordnung. So vielleicht.

Etwas Kraut/Rübenmäßig fällt unsere Verabschiedung aus, doch das ist nicht schlimm angesichts der vielen leuchtenden Augenpaare, die Liebe und Freude versprühen. Vielen Dank Berlin, ihr seid der Knaller.

Die große Aufgabe nach dem Auftritt ist es dann aber, überhaupt in den Backstage zu kommen, alle Türen sind dicht und der einzige Schlüsselinhaber der Band verpennt es ein wenig, uns die Pforten zu öffnen. Dadurch verzögert sich auch unser traditionelles Publikumsmeeting am Merch etwas, ein Chaos, das alles. Aber es ist ja oft so, gerade dann, wenn man alles perfekt machen möchte, setzt man sich selber unwillentlich diverse Striche durch die Rechnung. Zum Glück sind wir keine Doktoren, sondern Musiker, da fällt das nicht ansatzweise so ins Gewicht.

Wir treffen noch einige FreundInnen der Band, allerdings dräut auch die Uhr wieder ein wenig, also heißt es alsbald, Bus laden, abfahren, in der Lounge beisammen sitzen. Das tun wir dann auch noch eine ganze Weile, essen Chips, hören Lieder und reden mit Sicherheit ausschließlich druckreife Inhalte. Ich kämpfe mit meiner elektrischen Zahnbürste um die Zeit und gewinne erstmals, und diesen Sieg feiere ich, indem ich mich in die Koje lege und meinen entschwindenden Gedanken nachschaue, während ich die letzten verstreuten Kollegen in der Lounge lachen höre.

Die Nächte beginnen, einander zu gleichen, und doch bleibt alles neu.

Bleibt nun aber, sich aufs nächste Treffen vorzufreuen. Und vielleicht sieht man sich ja vorher schon, zum Beispiel bei PanneBierhorst am 21.12.25 im Zimmer 16, Pensens „Das Pack“ am 12.03.26 im Badehaus und Burgers „Lagerfeuerotz“ am 13.03.26 im Art-Stalker. Es wird alles tierisch.