25. November 2025
von: Totte

Augsburg verbinde ich natürlich, als Kind der 70/80er, mit der Puppenkiste und darum auch ausschließlich mit Wärme, Harmonie und Miniaturidylle. Inzwischen hängen wir selber an Strängen und watscheln hilflos zum Licht, aber Augsburg sounds weiterhin like warme Brötchen und Dampflok.

Als ich die Augen öffne, fällt mein erster Blick auf einen Zementmischer bei der Arbeit, und das Rotieren des Wagens ähnelt keineswegs der hölzernen Gemütlichkeit, die ich erhofft habe. Aber noch stehen wir eh etwa 50 Kilometer entfernt von Augsburg an einer Raste, denn es gilt, die Zeit abzuwarten, bis wir beim Club vorfahren können. Heute läuft alles etwas anders, aber Superbernd weiß immer, was Sache ist, und hat in Rasthof-WC-Nähe geparkt, damit wir alle dem Naturruf folgen können. Merci vielmals, der erste Tagesdruck ist somit obsolet, jedenfalls, wenn das ein Tagesdruck überhaupt sein kann.

12:30 Uhr rollen wir pünktlich an der Kantine an, wo uns Tom und Ben bereits mit Rollwagen und Infos herzlich empfangen, rasch laden wir den Bus aus und verabschieden uns bis zur nächtlichen Abholung von Bernd. Er freut sich sicher, uns mal für einen Tag los zu sein. Wir indes stolpern jetzt ziemlich heimatlos durch die Räume.

Wir waren vor Jahren bereits mal in der Kantine, an einem Faschingstag, und ich weiß noch einiges darüber, erkenne aber nichts wieder. Wenig verwunderlich, denn ich erfahre, dass der Club irgendwann umziehen musste, und alle ein wenig den Charme der Legende vermissen. Na ja, dann müssen wir halt jetzt neuen Charme hier reinpusten. Man wächst mit seinen Slogans.

Fabi, Jan und ich machen uns recht schnell auf den Weg zum Hoteldayroom, der für uns reserviert wurde, landen aber erstmal beim falschen Hotel, denn wenn schon doof, dann richtig.

Endlich am richtigen Ziel angekommen, trennen sich unsere Wege vorerst, Fabi geht ins Fitnessstudio, Jan und ich laufen eine wundervolle Strecke durch einen Wald in Flussnähe, am liebsten immer weiter und nike mehr zurück in den Lärm der Stadt. Aber Kondition und Ideologie sind zwei Paar Schuhe, und die Stadt ist zwar laut, bietet aber Kaffee und Semmeln, also wieder zurück, duschen und zum Club. Ja, genau, es geht weiter mit Tee und Snacks und Soundcheck, wir fläzen uns etwas fremdelnd in diversen Clubnischen und rollen uns zu Privatsphärenkügelchen.

Es ist der siebte Tourtag und wir sind nicht TKKG, was letztlich auch wieder gut ist, denn dann würden wir vielleicht mehr miteinander quatschen, aber wären auch ganz schön rechtskonservative Arschgeigen. Ach, ich vermisse ein wenig dolle Lieblingsmensch und die beiden Cats, ohne Schnurren ist die Luft emotional unterkühlt.

Was macht man, wenn man den Tag ohne Ankerplatz verbringt? Fabi z. B. Geht in die Stadt auf Erkundungstour, Burger trifft einen Freund, Frische Mische nutzen den Dayroom zum gepflegten Mittagsnickerchen, der Rest verteilt sich auf Stadt und Club, ich versuche, endlich in dem Roman Fuß zu fassen, aber er ziert sich und plustert sich vor mir auf und mir sind fast alle der handelnden Leute völlig egal.

Gegen 18:30 Uhr finden sich aber langsam alle wieder im Backstage ein, und wir sitzen plötzlich tatsächlich alle mal die Stunde bis zum Auftritt zusammen. Nicht schlecht. Heute beginnen wir etwas früher, so will es das Augsburger Spielgesetz, um 19:45 Uhr entern wir die Stage und werden von einem tollen und enorm aufmerksamen Publikum empfangen. Das Konzert macht einen Riesenspaß, es könnte sogar sein, dass es das schönste der Tour bislang ist. Wir fühlen uns alle wohl, sind entspannt, aber trotzdem aufgedreht genug, um nicht schlapp zu spielen, und die vielen absolut freudig mitsingenden Menschen lassen die Freude übersprudeln.

Ich bin ganz ehrlich, in der erste Reihe sitzt eine junge Familie mit einem schon zu Beginn sehr müden Kind, und wir gingen alle davon aus, dass sie wahrscheinlich in der Pause gehen würden, doch sie bleiben, und ich weiß nicht, ob das so eine richtig gute Idee ist, denn alle drei wirken zunehmend angestrengt.

Aber ansonsten herrscht Frohsinn und Euphorie allerorten. Wir spielen ziemlich energiegeladen, und auch die Balladen glänzen sehr schön. Lichtmann Lars zaubert dazu eine tolle Atmosphäre und alles passt. Wir tauschen spontan ein paar Lieder um, für heute funktionieren auch die super, und unter tosendem Beifall und standing Ovations wollen wir irgendwann die Bühne verlassen, aber die Tür zum Backstage ist abgeschlossen. Hm, seltsam, ich hatte zuvor extra die andere Tür, die direkt in den Club führt, mangels Schlüssel verbarrikadiert, wie also nun die Tür zur Bühne von innen abgeschlossen sein kann, ist mysteriös bis gruselig. Egal, erstmal eine letzte Zugabe spielen, hernach sind plötzlich alle Türen wieder wie von Geisterhand geöffnet.

Was für ein umfassend schöner Abend, am Merchandise führen wir noch diverse schöne Unterhaltungen, dann ruft aber irgendwann wieder die Pflicht, und wir laden den Bus, steigen ein, fahren los. Heute geht’s nach Österreich, darum sammelt Bernd unsere Ausweise ein, während wir uns in der Lunge versammeln und ein, zwei erste und letzte Wodka/Kirsch genehmigen. Es mag nicht so wirken, aber es ist in seiner ruhigen Gemütlichkeit äußerst spektakulär. Fabi sagt anderntags, er hätte uns sehr laut lachen gehört, ich weiß nicht, worüber wir wohl gelacht haben könnten, aber Inhalte werden eh überschätzt. Eine prächtige Nacht mit Schokoguss obenauf. Bitte mehr davon.