29. November 2025
von: Totte

Letzter Tourtag. Es ist zehn Uhr, ich bin müde und runtergerockt. In Lübeck waren wir bisher immer im Riders Cafe und ich persönlich fühle mich Kai-Uwe sehr verbunden, diesmal aber debütieren wir im Treibsand. Ich habe hier vor über zehn Jahren mal mit das Pack gespielt und weiß zum Beispiel noch, dass es ein ganz hervorragendes Catering gab. Vorfreude.

Noch sieht es aber eher nicht so aus, als ob wir erwartet würden. Anscheinend steppte gestern der Bär und der Backstagebereich strahlt in schönstem Kraut und Rüben-Ambiente.

Ist man zehn Tage auf Tour, kann das die Laune schon etwas runterziehen, aber ich laufe lieber los, jogge durch die biederbürgerliche Atmo Lübecks und bestaune Schiffe. Eine Stunde halte ich durch, dann bin ich wieder am Club, wo mir just beim Betreten ohrenbetäubend „Waterloo“ entgegenschallt. Ich nicke beipflichtend, dusche dann und fühle mich gleich etwas menschlicher. Ein Herr vom Team ist ebenfalls da, der eifrig den Raum wienert und Micha heißt. Er meint, wir seien ganz schön früh dran, in Lübeck gehen die Uhren anscheinend anders, ich gucke nach, aber nein, es ist kurz vor eins.

Ich merke, ich bin für diesen Tag nicht gebaut und verziehe mich wieder in die Koje zu Katzenjammer und Kuscheltier.

Der Tag verdröselt sich irgendwie von selbst, wir laden den Bus aus, gehen unserer Wege und treffen auf das restliche Treibsandteam um Tom, Jendrik, Marcel und Co, allesamt sehr freundliche Menschen, die sehr umtriebig sind. Zum Beispiel gibt es tolle vegane Schnittchen, und der Duft des Abendessens zieht ebenfalls durch die Lüfte und berauscht uns bereits vorfreudig.

Soundchecktime, diesmal mit einem Tourabschluss-Bier. Jedesmal, wenn ich in den Backstage komme, gibt’s neue Leckereien. Ich bin komplett versöhnt und finde alles sehr schön.

KT Clue besucht uns bereits zum Soundcheck und überhaupt, heute haben sich einige FreundInnen angekündigt. Der Druck steigt.

Es gibt ein hervorragendes veganes Gulasch mit Wirsingkartoffelstampf, das derart gut mundet, dass ich wieder in den Bus flüchten muss, um mich nicht in Kugelform zu futtern. Ich döse in einem unruhigen Gedankenfluss bis 19:30 Uhr, dann erst schaffe ich es wieder, mich aus der Koje zu pellen und zum Club zu laufen. Ich treffe vorm Eingang Julia und die Kollegen von Jack Pott, was mich sehr freut, dummerweise bin ich gerade so blödbräsig, dass ich sicher einen äußerst unhöflichen Eindruck erzeuge.

Im Backstage reges Treiben, Familienmitglieder und FreundInnen sitzen beisammen und feiern den Finaltag.

Jetzt aber ab auf die Bühne: Das Treibsand ist knackig voll mit tollsten Menschen, darunter vielen bekannten Gesichtern, und das Konzert ist heiß und laut. Die Leute sind aber dennoch konzentriert, aufmerksam, lovely. Ich indes trage irgendwie zum Geschehen nicht soviel duftes bei, ich bin lahm und fühle mich fremd auf der Bühne. Keine Ahnung, woran das liegt, auf jeden Fall nicht am Abend, Laden, Drumherum. Ein wirklich feines Konzert.

Zur Pause bringt uns Küchenchef Sebi glatt noch eine Flasche Berliner Luft und kündigt, als seri das nicht mehr als genug, noch selbstgemachte Zimtschnecken für nach der Show an. Womit haben wir das verdient? Ich eigentlich heute sowieso nicht, ich ziehe die Qualität nur runter. Glücklicherweise sind die anderen prima drauf und monstern mächtig.

Die zweite Hälfte besticht ja durch viele Balladen, das macht alles etwas ruhiger, aber die Stimmung ist konzentriert und schön, und spätestens zur Endrutsche feiern wieder alle, tanzen, singen und sind einfach zum knutschen.

Es ist ein Abschied mit Tränen vor Rührung und Freude und unsere Augen glänzen nach dem Konzert sehr.

Ich weiß nicht, wie es heute Nacht jetzt weitergeht, aber ich weiß, dass es weitergeht, und das zählt. Und Marc, Claudio, Fabi, Tobi, Urs und Sandrine, und natürlich alle Clubs und HörerInnen: Ihr seid ein Traum. Wie schön, dass ihr zugleich unsere Realität seid.

Nachtrag: Ich weiß jetzt, wie die Nacht weitergeht. Wir sitzen noch eine ganze Weile mit FreundInnen zusammen, zuviele, um sie einzeln zu nennen, aber nach und nach lichten sich die Felder. Ich verabschiede mich mit Herz und Wehmut und gehe in den Bus, wo ich Fred, Mark und Bernd in der Lounge treffe. Rüdi kommt kurz danach, dann setzt sich auch Teddypard noch zu uns, aber lang dauerts nicht mehr. Wir hören zusammen Chameleons, Neubauten und Cowboys on Dope, dann gehen alle schlafen. Außer mir. Ich bin zwar müde aber jetzt zu aufgedreht. Ich höre mir das komplette Album „Raise your fist and yell“ von Alice Cooper an, ein großartiges Album mit Geschichte. Das war schon die Party. Und das war die Tour. Subtil, kauzig, famos. Ein Wahnsinn, dass alles. Und bald wird er fortgesetzt.