Es war ja schon die ganze Woche warm, aber heute scheint der Sommer ungeduldig vorgeprescht zu sein, um Kaiserslautern ordentlich einzuheizen. Grund genug, den morgendlichen Dauerlauf nicht aufzuschieben, um nicht komplett als Pfütze zu verenden. Fleißbienchen, das ich ausnahmsweise derzeit bin, jedenfalls, sofern ich nicht gerade döse, schlafe oder schlummere, habe ich natürlich den gestrigen Bericht bereits ins Netz gepackt, jetzt laufe ich den Alberichberg hoch, falls ich richtig gelesen habe und drehe eine absaolut herrliche stille Runde im Wald, bevor Straßen, Menschen, Weltgeschehen wieder mit einem Knall in meinen Kopf platzen.
Im Kammgarn sind bereits alle schwer beschäftigt, das Superteam um Andre, Robert und Ulli hat den Raum bereits gerichtet und ein gaumenkitzelndes Opulenzfrühstück aufgebaut, und es tut mir in der Seele weh, die Baked Beans zu umgehen, denn wenig liebe ich mehr als Bohnen, aber ich habe auch eine Verantwortung meinen Mitmenschen gegenüber, und um die einzuhalten, bräuchte ich nach Baked Beans ca. 36 Stunden Pufferzone bis zum nächsten Kontakt. „Iss doch nur ein paar.“ flüstert nun ein Schlaumeier. Ich antworte: „Lieber Schlaumeier: Wenn ich das könnte, würde ich das auch tun. Aber in über 50 Jahren Lebenszeit habe ich über mich gelernt, dass ich zwei Dinge nicht kann: Mathe und Maßhalten.“ „Nur zwei Dinge? Wirklich?“ schlaumeiert Schlaumeier nun süffisant, und zur Strafe, weil er mich ertappt hat, lasse ich ihn nun wieder im tiefen Tümpel meiner Phantasie versinken, genau da, wo er schließlich auch hergekommen ist.
Bei mir sitzen Fred und Andre, und letzerer berichtet uns, dass gestern unsere lieben Kollegen von Madsen hier ordentlich abgerockt haben und wir auch davon nutzniesen, denn Teile des Büffets sind noch von gestern übrig. Antipasti, Muffins, Obst, es ist wirklich ein Festmahl. Etwas weniger günstig hingegen, dass heute der FC Kaiserslautern zeitgleich mit uns spielt („auftritt“ hätte ich beinahe geschrieben), was uns sicher einige HörerInnen kosten wird. Na ja, Qualität ist nur bedingt mengenmäßig messbar. Und immerhin sind ja trotzdejm bereits knapp 200 Karten verkauft worden, von einem Flop kann also schon mal überhaupt keine Rede sein. Trotzdem mag ich Fussball gerade noch ein bisschen weniger als eh schon.
Zu den diversen Tagesaktivitäten: Tobi geht zu TK Max, Börnski laufen und Socken kaufen, und was die anderen machen, weiß ich nicht genau.
Ich bin nämlich gerade total begeistert, dass im Cateringbereich eine Tischtennisplatte steht, ich bilde mir mal ein, dass sie da extra für uns hingestellt wurde. Poröses Ego, das meine, himmelhoch selbstüberschätzend oder abgrundtief verachtend. Jetzt aber bin ich ganz bei mir, ich klappe eine Hälfte der Platte hoch und versinke im Spiel gegen mich selbst, so wie ich das früher immer getan habe, als ich bei Nachbarn von uns immer freien Zugang zur Tischtennisplatte im Hinterhausgarten hatte. Es macht totalen Spaß und ich nehme mir vor, von nun an unbedingt wieder häufiger zu spielen, weiß aber natürlich auch, dass ich das genauso schnell wieder vergessen werde. Ich bin damit sicher keine Ausnahme, denn Menschen sind oftmals so dumm.
Das Busladen dauert nur zehn Minuten, dann noch eine weitere Runde Tischtennis, dann setze ich mich mit Buch in die Sonne.
Zum Soundcheck proben wir lieber nochmal ein paar Stücke, die wir heute zusätzlich spielen wollen, da Burger aufgrund familiärer Verpflichtungen (nichts schlimmes, nur eben nicht verschiebbar) bereits heimgefahren ist und seine Programmpunkte darum wegfallen. Klappt aber alles, inzwischen sind wir ja geübt darin. Den Rest des Tages backen wir in der Sonne und sehnen die Pizza herbei, die wir bestellt haben. Ansonsten ist alles eher unaufgeregt, beinahe sonntäglich. Na ja, zehnter Tourtag halt, so langsam laufen alle etwas auf Reserve.
Die Pizza ist voluminös und mit dicken Bäuchen liegen wir jetzt flach, aber dann kommt, welch freudige Überraschung, unser Freund Marcus Stolle samt Anna, und das hebt Adrenalin und Stimmung. Jetzt kann die Show starten.
Wie erwartet haben Fußball und Sonne uns heute einige ZuschauerInnen gekostet, aber dennoch ist das Konzert sehr gut besucht und die Leute sind voll am Start. Sehr konzentriert und trotzdem mitmachwillig. Wir indes brauchen ein klein wenig, um uns einzufinden und sind anfangs womöglich etwas verhuscht, aber das legt sich nach ein paar Liedern. Ansagentechnisch sind wir heute ziemlich in Quassellaune, da reichen klingelnde Handys, Monsters-Plakate, die wir aufgrund des Alters der Plakatträger mit Gratislimo belohnen, es gibt einen instrumentalen Wettstreit zwischen Fred und mir bei der Weltklassemelodie, vor „Arbeit“ wird Westernhagen zitiert, das Publikum ist zwischen hingerissen und befremdet. Aber wir sehen in sehr viele lachende Gesichter und schließlich ist Musik nicht nur Regelwerk, sondern auch Anarchie.
Die zweite Hälfte startet enrergiegeladener, wird dann aber tatsächlich eher zur Mitte stimmungsvoll atmosphärisch. Wir spielen etwas balladesker, aber im Raum wandelt sich das in mitunter funkelnde Konzentration, bevor dann ab „Timing“ wieder die Party die Vorherrschaft übernimmt. Zum Schluss dürfen wir tatsächlich gar wieder über Standing Ovations freuen, und das, obwohl ich eine derart blöde Abschiedsansage formuliere, die mir selbst die Schamesröte ins Gesicht zaubert. Aber Kaiserslautern ist nachsichtig und voller Liebe für uns und dafür können wir uns gar nicht genügend bedanken.
Nach dem Konzert passiert, was immer nach den Konzerten passiert, und das könnt ihr in den anderen Berichten nachlesen, denn speziell heute weiß ich noch gar nicht, was geschehen wird. Um ehrlich zu sein, tippe ich gerade diese Zeilen, bevor ich gleich an der Merchtisch eile, um euch, liebe HörerInnen, zu treffen, mit euch zu quatschen, und ich bin guter Dinge, dass das schöne Momente werden. Kaiserslautern, wir verneigen uns vor euch und versprechen hochheilig, beim nächsten Mal komplett aufzuschlagen. Aber ob zu sechst, zu fünft oder womöglich auch nur zu zweit: Mit euch ist man nie allein. Fühlt euch umarmt. Auf bald.