So, es geht also wieder auf Tour. Das sind ja mal Neuigkeiten. Die Sonne scheint, allerdings gut hinter Wolken versteckt. Halloween. Monsterstart.
Ich bin früh aufgewacht und trotzdem weiterhin dauerschläfrig. Im Tourmodus bin ich jedenfalls nicht, aber wann war ich das je?
Ich jogge eine kleine Runde, trinke Kaffee und mache mich dann frisch für die Monsters. Bahnfahrt hierhin, Bahnfahrt dorthin, schon erreiche ich unser Lager, wo bereits Urs, Pensen und Fred weilen und warten. Die Laune ist gut, wir fremdeln natürlich alle noch ein wenig. Dank Börnskis Vorplanung gibt es keine Verwirrungen beim Merchandiseladen, alles rein in den Bus, Abfahrt, Ankunft Markthalle, Tosh und Co in die Arme fallen und familiär bei Kaffee und Schnittchen plaudern, bis der Bus ausgeladen werden kann. Fabi und Rüdi arriven und es geht weiter mit Kaffee und Schnittchen. Ich hechte allerdings noch schnell zum HBF, um bei Rossmann ein paar Eddings zu kaufen.
Die Markthalle ist heute gut vor-, aber nicht ausverkauft, was natürlich etwas das Ego zwickt, aber Halloween und Herbstferien geben eine dankbare Erklärung, und sechs Hamburgkonzerte in einem Jahr sind auch nicht gerade wenig.
Ein ganz kleines bisschen könnte es sein, dass wir vielleicht eine Spur zu oft touren, denn den Exklusivitätspreis für Sichrarmachen bekommen wir sicher nicht.
Mehr aber sorgt mich just, ob ich heute mein neues Lied hinbekommen werde, bzw. ob ich mich überhaupt traue, es zu spielen, gerade bin ich mir noch für alles zu unsicher, Song, Welt, Tour, Band, myself.
Stephen King soll mich ablenken, frischer Kaffee aufpeppen, ob’s klappt, werden wir später erfahren, ihr und ich, denn das ist noch Zukunftsmusik.
Der Soundcheck läuft heute sehr ausgiebig, wir nehmen uns viel Zeit, um schön zu klingen. Auch Burger und Börnski sind eingetroffen, der eine von daheim, der andere aus Ägypten, was ja bekanntlich der höchste Berg der Welt ist.
Auch unser Great Bookfather Nico schneit rein und der Backstage füllt sich hervorragend. Ich unterhalte mich länger mit Tosh über Kulturprognosen, ein gutes Gespräch, allein zur Stimmungsaufhellung nicht komplett geeignet.
Ich scharre inzwischen etwas mit den Hufen, es ist erst 17:43 Uhr und ich will eigentlich endlich fertig sein, mein Puls bewegt sich konstant im roten Bereich. Salbeitee hilft nur bedingt, der Ingwer drin treibt zudem. Wilde Zeiten im Korsett der Endlichkeit.
Irgendwie tappst die Zeit auf müden Pfoten, während aber im Backstage die Atmosphäre leicht brizzelt, wir sind aufgeheizt und zu schnell für die Zeiger. Punkt 20 Uhr beginnt endlich die Show und alle Vorfreude entlädt sich sofort, als wir auf die Bühne steigen und mit derart liebevoller Euphorie empfangen werden, dass sich unser Enthusiasmus ins Extreme schraubt.
Es wird ein ganz großer Abend voller leuchtender Melodien. Sehr musikalisch, weniger verquatscht, auch wenn ich wieder einen Song komplett versemmle, aber selbst der groovt in seiner Schrägheit.
Besonders schillernd heute aber die balladeskeren Stücke, während auf der anderen Seite die Rocksongs den ganzen Saal in Bewegung setzen, also letztlich weiß ich doch nicht, was noch schöner ist. Alle veredeln sich gegenseitig, die Songs, die Menschen, der Ort, die Zeit.
Wie im Rausch singen wir uns durchs Programm und die Markthalle funkelt vor lauter strahlenden Augen.
Eine echte Wunderkerze von einem Abend. Glücksbeseelt tanzen wir unter Standing Ovations letztendlich von der Bühne und erfreuen uns an diesem Moment.
Hernach treffen wir noch viele liebe Menschen am Merchandise, natürlich auch die großartigen VertreterInnen von Dein Topf eV, die berichten, ebenfalls einen sehr erfolgreichen Abend gehabt zu haben, darum an dieser Stelle: Danke an alle SpenderInnen, ihr seid famos.
Überraschend treffe ich auch Onkel Hanke von Reis against the Spülmachine und Laura, allerdings leider nur auf einen kurzen Smalltalk, denn sie müssen eine Bahn ergattern. Andere Freundinnen haben mehr Zeit, und so sitzen wir noch eine Weile in trauter Runde im Backstage, trinken ein, zwei Biere und schaffen doch noch den rechtzeitigen Absprung vor Partybeginn. Fred pennt heute bei mir, per Bahn geht’s zusammen mit Monstern, Guhls, Jokern und Hexen durch die Nacht, und zuhause sitzen wir noch auf eine Zigarette und ein Ärztealbum (Im Schatten der…) zusammen, denn das ist eben schon der gesamte Glamour des Rockenrolls.
Und während Thorsten Nagelschmidt Jan Müller etwas über seinen neuesten Roman erzählt, entschlummere ich langsam mit dem wohligen Gefühl, heute etwas wirklich Großem beigewohnt haben zu dürfen. Vielen Dank euch allen dafür.