27. November 2025
von: Totte

Ich habe einen angemessenen Schädel, der mich heute wahrscheinlich noch den Tag begleiten wird. Außerdem Heimweh und Unlust. Ein Glück, dass Börnski gestern vernünftig war, darum kann er mich jetzt motivieren, eine Runde zu laufen. Wir überqueren die Elbe und landen in der Innenstadt, passieren auf dem Rückweg das Glockenspiel und sind eine gute Stunde unterwegs. Danach geht’s gleich an die Schreibarbeit und dann wieder in die Koje. Das Busausladen verpasse ich um fünf Minuten, aber anscheinend auch nur deshalb, weil es bloß fünf Minuten insgesamt gedauert hat. Das Catering im Club ist toll, viele vegane Speisen der Extraklasse und sogar ein Salzstreuer, ein Hilfsmittel, das fast immer vergessen wird, obwohl es eigentlich zu jeder Cateringgrundausstattung gehören sollte. Es ist quasi das Salz in der Suppe, hihi. Blöder Gag, sorry.

Der Tag bleibt dennoch düster: Heute ist der Todestag meines besten Freunds Michael. Er ist schon über zehn Jahre tot, aber seitdem hat die Welt an Farbe eingebüßt und ihre Strahlkraft nicht wiedergefunden. Ich vermisse ihn.

Beim Telefonat mit seiner Mutter spaziere ich an der Elbe lang, und der Mix aus Verlust und abendlichem Stadtlichtermeer erzeugt eine Melancholie, die sich gewaschen hat.

Unser Soundcheck scheint einige Gefahren zu bergen, diverse Mikros verteilen Stromschläge, das macht zwar schön wach aber nicht so glücklich. Es wird gerätselt und überlegt und die Lösung heißt schließlich: Stoffdecke auf den Boden. It’s a digital world, but we fight it. (Goldene Zitronen)

Alle Monsters schlendern etwas für sich durch die Gegend, Rüdi hat Freunde zu Besuch, Johannes und Co, die uns später on stage profifotografieren sollen. Ob das eine gute Idee ist, weiß ich nicht so recht, nach neun Tagen sehen wir eher nicht wie eine Bärenmarkefrühstücksfamilie aus.

Das Essen sieht unglaublich lecker aus, es gibt gegrillten Tofu mit Gemüse in Soße, Rosmarinkartoffeln und Salate, allerdings spinnt mein Magen und ich getrau mich nicht, zu essen.

Ich weiß nicht mal, ob ich das Konzert ohne Unterbrechung hinkriege.

Aber hilft ja nichts, 20 Uhr, einmonstern und loslegen.

Wir sind wegen des eher schleppenden Vorverkaufs in den kleineren Puschkin-Club verlegt worden, was an sich ja eher schade ist. Der Raum aber ist toll und außerdem nun knallvoll mit feinsten DresdenerInnen, die schon bei der ersten Sekunde komplett mit und bei uns sind. Wir haben ja schon oft hier gespielt, und es ist immer wieder absolut dufte. So dufte, dass all unsere tourkollerigen Gedanken sofort weggepustet sind und wir ein wirklich sehr lustiges und knackiges Konzert liefern. Die Mischung zwischen Quatsch und Qualität hält sich gut die Waage, wir tanzen und freestylen, rufen zum Pogo auf und glänzen mit schillernden Balladen. Die Audienz scheint verzückt und feiert uns frenetisch, wir feiern die Audienz und die Symbiose ist perfekt. Keiner kriegt einen Stromschlag, was auch schön ist.

Es ist schon irre, wieviel Kraft uns das Publikum geben kann, und das können wir gar nicht genug schätzen und erwähnen. Vielen Dank dafür.

in der Pause bekleckert sich Burger beim Berlineressen dermaßen mit Puderzucker, dass wir uns ziemlich sicher sind, in der zweiten Hälfte unter Koksverdacht zu geraten, aber auch da überstrahlt die Musik unsere optischen Eigenwilligkeiten.

Nach der Show treffen wir uns alle mit den tollen Leuten am Merch, darunter auch Lisa-Lotte, die uns früher mit Freundin auf ganzen Touren begleitet hat, ein sehr schönes Wiedersehen, wir tauschen uns eine ganze Weile aus, darüber verpasse ich beinahe das Busladen, aber leider nur beinahe, also rasch den Kühlschrank gepackt und Arbeit vorgetäuscht.

Danach falle ich dann aber doch noch über das Catering her und bin froh, mir das nicht entgehen gelassen zu haben, denn es schmeckt genauso köstlich wie es duftet.

Alle anderen warten schon im Bus, darum heißt es, rasch von den Köstlichkeiten losreißen, von Jannis und seinem netten Team zu verabschieden, und ab geht die Post.

Jedenfalls so ein bißchen. Ich setze mich noch für ein Wasser zu den Kollegen in die Lounge, aber alle sind müde und recht schnell verschwindet einer nach dem anderen in seiner Kabine.

Ich lege mich auch hin, kann aber noch eine ganze Weile nicht schlafen. Die Eindrücke kreiseln. Der Schlaf, in den ich dann irgendwann doch falle, fordert mich dann mit ziemlich wirren und üblen Träumen, aber das hat den Vorteil, dass man sich zumindest nach dem Aufwachen an der Realität erfreuen kann. Dazu aber dann morgen mehr. Jetzt winkt euch das Monster noch aus den Fängen der Klauen anderer Monster. Dies aber voller Dank und Love.