22. April 2024
von: Totte

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Die Nacht führte uns durch Schneegestöber, und klappernde Kojefensterläden raubten mir lange den Schlaf. Wenn ich dann einschlief, träumte ich von seltsamen Dingen, Monsterauftritten mit Kuchenschlacht und Gespensteralarm in Oberdollendorf. Aber eins ist klar, sollte ich jemals eine Fun-Punk-Band gründen, dann nenne ich sie „Die klappernden Kojefensterläden“. Wir werden schnelle, kurze Pogosmasher spielen, die sich um Schule, Pubertät und Pech in der Liebe drehen, und ich denke, das ist ein Konzept, dass es so noch nie gab, bzw. dringend eine Renaissance verdient.

Willkommen am 22.04.24, willkommen in Frankfurt am Main. Unser Bus steht vorm Club „Das Bett“, den ich persönlich nur einmal besucht habe, als ich den großartigen Vicki Vomit supportete. Heute werden die Karten aber neu gemischt, denn nach dem Spiel ist vor der nächsten blöden Fussballfloskel.

Wir haben bis zu unserem Get In, also dem Zeitpunkt, an dem wir Einlass in die heiligen Hallen bekommen, einen Tagesraum zum Duschen und Sanitärbedürfnisverrichten im quasi benachbarten Trip Inn Hotel, was insofern eine Erwähnung wert ist, als dass das zumindest minimal unseren Touralltagstrott verändert. Aber da wir so gemächlich trotten, passiert auch dadurch nichts Außergewöhnliches. Da wir uns heute bereits in der Tourrutschenhälfte befinden, kann ich ja kurz mal was zu den Aktivitäten einiger Reisemitglieder sagen: Urs zum Beispiel ist eigentlich immer beschäftigt, denn er macht nicht nur unseren Ton, sondern kümmert sich auch um die Tourkoordination, ein weites Feld, wie der ansonsten sehr unangenehme Günther Grass einst so wortgewaltig titelte. Urs ist die Schnittstelle zwischen den Clubs und den Monsters und sorgt dafür, dass alle glücklich und pünktlich sind und alles da ist, wo es hingehört. Ein Hammerjob für einen Hammertyp. Zu den Aufgaben der anderen fällt mir jetzt gerade leider nix mehr ein, darum dazu vielleicht ein andermal mehr, lieber erzähle ich, wie verzückt Labörnski und ich sind, als wir auf unserer Joggingrunde so viele süße Entenfamilien mit kleinen Küken erblicken, die am See chillen und in formation schwimmen. Enten sind eventuell die besten Federtiere der Welt, andererseits, was ist mit Tauben und Papageien? Und sind Pinguine nicht auch Vögel? Ich bin an dieser Stelle gerne bereit, meine Haltung zu ändern, gebt mir einfach mal Bescheid, was für Gefiederwesen ihr am besten findet, und wir werden uns schon einig werden.

Wie verläuft der Tag? Hm. Eigentlich sehr ruhig, nur im Tagesraum beim Duschen kommt die Polizei, weil eine alleinstehende betrunkene alte Dame bei ihren neueingezogenen Nachbarn eine Randale veranstaltet hat. Es stellt sich heraus, dass sie Geburtstag hat und betrunken ist, weil sie auf jeden ihrer verstorbenen Freunde einen Mariacron getrunken hat und dann sauer wurde, weil die neuen Nachbarn gar nicht auf ihre Geburtstagseinladung reagiert haben. Zum Glück haben die das inzwischen mitbekommen und bringen Kuchen und ich bin fertig geduscht und schalte den Fernseher wieder aus. Sat 1, ihr habt ja Stories.

Im Club werden wir wie alte Freunde empfangen und alles ist super, der Raum, das Licht, der Sound, nur dass unser Abendessen vom Bringdienst erst eine Stunde später ankommt, wirkt verheerend, denn es schmeckt so gut, dass wir nicht davon ablassen können, obwohl wir nun kaum Zeit zum Verdauen haben, bevor wir auf die Bühne müssen.

Die Folge ist, dass wir einen sehr schlechten Start hinlegen, bestimmt in den Top ten der schlechtesten Monstershowstarts ever. Dinnerschwer aufgebläht, hirnlos und bräsig verkacken wir die ersten drei Lieder, verpennen Einsätze und kriegen die Lücken zwischen den Songs nicht mit Ansagen gefüllt. Eine Saite reißt auch noch. Das Publikum, das sehr zahlreich erschienen ist, hilft uns zum Glück, so gut es kann, und wir bekommen dadurch in der ersten Hälfte noch ein bißchen den Hintern hoch. Und es gibt auch echte Highlights, der Wecker ist zum Beispiel ein solches, vor allem in Verbindung mit Pensens Ansage auf – unter anderem – europäisch, auch die Zwerge knallen ordentlich. Alles gut also, aber eben weit vom Optimum entfernt.

Manchmal ist es leider so, selten, aber manchmal, dass sich nicht die Energie von uns Sechsen potenziert, sondern die Verpeiltheit, und da hilft es nur, bei der nächstmöglichen Gelegenheit den Kopf unter kaltes Wasser zu halten, und nochmal richtig „tschaka“ zu rufen. Die Gelegenheit haben wir in der Pause, und wir nutzen sie. Die zweite Konzerthälfte wird um ein vielfaches energiegeladener, Börnski hüpft wie Flipper zur Springtime, es gibt Geburtstagslieder und Gratisbiere, Katzen und Hunde und auch die Publikumsinteraktion klappt wieder. Der Funke ist übergesprungen und der Draht glüht. Es macht wieder richtig Spass und kocht sich hoch, und ich glaube, dem Publikum geht es ähnlich, denn es tanzt und singt ausgelassen mit, und wann immer ich unter meinem Haarvorhang hervorgucke, sehr ich lachende Gesichter. Und auch die wiederkehrenden „ BIEPBIEPBKIEPBIEPASOZIAL“-Chöre,

die wir zunächst abwechselnd als „Ebay, Lidl, Bibel, und Zwiebel Asozial“ mißverstehen, klären sich letztlich als „Liedfett Asozial“ heraus, einen Schlachtruf, den wir zusammen mit benannter Kapelle in Saalbach Hinterglemm kreierten, und da singen wir natürlich gerne mit.

Es ist kaum zu glauben, zum Ende stehen wieder alle und fordern freudig Zugaben. Ein Wahnsinn das alles, und es ist so schön, dass sich der Abend so entwickelt hat. Leider haben Boppin B-Trommler Thomas und Anhang schon in der ersten Hälfte aus Termingründen verschwinden müssen, denn erstens hätte ich mit ihnen gerne noch etwas geschnackt, weil mir jedes Treffen immer eine Riesenfreude ist, und zweitens, weil sie nur den mieseren Teil der Show gesehen haben, und das nun mein Ego kratzt. Aber dafür ist Elfmorgen Andy samt Gattin Babsi noch da, und die beiden habe ich ebenso gern und wir quatschen noch eine ganze Weile über Druck, Ausbildungen und gemeinsame Doppelalben, die steil gehen werden. Denkt an meine Worte.

Richtig wild gefeiert wird aber heute dennoch nicht, wir sind alle etwas angeschlagen und freuen uns auf unsere Kojen, nur noch rasch ein paar Tucs mit Twix in der Buslounge, dann Zähneputzen und gute Nacht.

Frankfurt, ihr wart absolut bravourös, und wir zum Ende auch ganz sweet. Und Ehrenwort: beim nächsten Mal keine feste Nahrung für uns ab 18 Uhr. Hauptsache aber ist sowieso, dass wir bald wieder bei euch monstern dürfen.

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