30. April 2024
von: Totte

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Wollt ihr wissen, was ich geträumt habe? Ich warne euch vor, es hat mit Nadelstichen und einer alten Schulhofliebe zu tun. Ein Monsterkonzert kam auch vor, bzw. kein Monsterskonzert, wegen der Nadelstiche und der alten Schulhofliebe. Ich möchte, glaube ich, nicht genauer drauf eingehen, aber eins sei gesagt: Ich wache auf, weil meine Finger zwischen den Beinen eingeklemmt sind und vor Taubheit schmerzen.

Heute, nach zwei Tagen Pause, spielen wir wieder. Unsere traditionellen LOGO-Shows stehen an, was für uns alle ein Wechselbad der Gefühle bedeutet: Wir schwanken zwischen liebesheißer Vorfreude und familienfeierlichem Lampenfieber, denn hier treffen wir unsere engsten Menschen, HörerInnen, unsere lovely LOGOCrew, und wir fühlen uns immer ein wenig wie gedichtvortragende Kinder am Weihnachtsabend.

Ich habe Kopfschmerzen, gehe aber trotzdem laufen, – gehe laufen? Gehe laufen? Was für eine Verbenkombi! – denn mein Aberglaube befiehlt mir das. Mein Aberglaube ist ein Arsch. Der Sommer ist ausgebrochen, und ich laufe beim laufen aus, mein Zuhause erreiche ich nur noch als mäandernder Salzfluss, doch keine Zeit zur Regeneration, den der pünktliche Fred erreicht just mein Home, um mich einzuladen und mit mit zusammen unseren ganzen Tourkram aus dem Lager zu holen und ins LOGO zu kutschieren. Weil das Wetter so gut ist, fahren alle Menschen heut Auto, denn Menschen sind widersprüchliche Vollidioten, wir stehen viel und schimpfen wie Rohrspatzen, denn Rohrspatzen finden für jede Situation adäquate Beschimpfungen. Sie sind die Battlerapgenies der Federwelt.

Die Wut lässt aber nach, sobald wir das LOGO erreichen, denn hier werden wir voller Love von Chris, Gunnar und allen anderen empfangen, auch Claudio, Fabi und unser neuer Superbooker Nico betreten just die Bühne, großes Hallo und Smalltalks der Extraklasse, bei denen ich panisch versuche, mitzuhalten, denn ich will ja auch mal cool sein. Klappt bedingt, aber was will man machen? Ich bin ein alter Herr aus der Sepiazeit, mein Humor und meine Wortwahl sind Ausfallschritte in die Vergangenheit. Ich gönn euch eure Gegenwart und proste freundlich herüber.

Da ich heute eigentlich ständig Kleinkram zu tun habe, vergeht die Zeit wie im Flug, was ein guter Beweis dafür sein könnte, dass Beschäftigung glücklich macht, allerdings könnte ich mir gut vorstellen, dass die Art der Beschäftigung nicht ganz unerheblich am Glücksgefühl sein dürfte, Herr Merz, Lindner, Restvoneuchleuten.

Zwischendurch finde ich sogar noch genug Zeit, mich auf den drei Metern Fußweg zum Rewe zu verlaufen und trotzdem noch rechtzeitig vor Einlass etwas Sekt für die wartendenden Menschen vorm LOGO zu kaufen. Ein Minimalbonbon für soviel Liebe und Treue, die sie uns immer schenken.

Ab Einlass geht’s plötzlich wieder ratzfatz. Der Club füllt sich voll und die Menschen sind toll.

Nico meinte heute Nachmittag zu meinen Tourberichten, dass der Aufbau immer sei: Konzertbeginn. Ich komme ein, zwei Lieder nicht rein. Dann doch. Toller Abend, vor allem dank des Publikums.

Er hat nicht unrecht, auch heute könnte ich das jetzt so stehen lassen, allerdings:

Konzertbeginn. Ich bin heute sofort on fire. Vielleicht aus Trotz, vielleicht aus allgemeinen Hochgefühl. Keine Ahnung. Ich habe jedenfalls sofort Spaß und headbange mich durch den Abend. Ich rede etwas mehr, ich hampele etwas mehr, aber es macht mir einen Riesenspaß. Kein Wunder, denn ansonsten stimmt die oben benannte Formel. Alle feiern miteinander, man kennt sich, man schätzt sich. Der Pegel scheint recht hoch zu sein, zum Leidwesen der ruhigen Stücke, das ist natürlich schade, aber eben oft der Preis für ein partyorientiertes Rockkonzert. Die Monsters spielen sich lachend durch den Abend, es gibt spontane Lieder über Bandmitglieder, die ohne Erlaubnis die Bühne verlassen, aber vor allem regiert heute das Abfeuern von Mitsingsongs und Mitmachmöglichkeiten. Konfetti fliegt durch den Raum und der Club wackelt.

Ziemlich schweißgebadet und mit leuchtenden Herzen verabschieden wir uns für heute irgendwann von einem liebevoll tosenden Superpublikum, danach feiern wir mit diversen guten FreundInnen und Bekannten ein bißchen weiter.

Leider kehrt uns das LOGO heute schon um eins raus, was wir Monsters, ehrlich gesagt, ziemlich unschön finden. Der Abend löst sich in vereinzelte Stränge auf, ich laufe noch mit lieben Leuten mangels Alternativkneipe zur Tanke, bevor wir uns mit Sixpacks noch auf eine Brücke setzen. Aber ein echtes Partygefühl will nicht mehr einsetzen, die Luft ist irgendwie raus. Es wird Zeit zur Heimkehr, und auch wenn dort noch einige Ramones- und Ärzteplatten laufen werden, ist das wohl eher ein ruhiger Ausklang eines immerhin bis dahin äußerst fidelen Abends. Hamburg, Teil eins: Es war ein höllisch schönes Konzert und ein himmlisches Miteinander mit euch. Wir küssen Herzen und Augen.

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